Kritik am Nutri-Score: Hilfreich oder trügerisch?

Der Nutri-Score ist praktisch: Auf einen Blick siehst du, ob ein Lebensmittel eher günstig oder ungünstig zusammengesetzt ist. Doch je mehr man sich mit dem System beschäftigt, desto mehr Fragen tauchen auf: Wie aussagekräftig ist der Score wirklich? Bevor du ihn blind vertraust, lohnt sich ein genauerer Blick.

Wenn du noch nicht genau weißt, wie der Nutri-Score berechnet wird und wofür er gedacht ist, schau dir zuerst meinen Artikel Was ist der Nutri-Score? an. Dort erkläre ich Schritt für Schritt, wie die Nährwertampel funktioniert.

Wie der Nutri-Score bewertet – kurz wiederholt

Damit die Kritik verständlich ist, kurz zusammengefasst: Der Nutri-Score verrechnet „positive“ Nährstoffe (Ballaststoffe, Obst/Gemüseanteil, Proteine) mit „negativen“ Nährstoffen (Kalorien, Zucker, Salz, gesättigte Fettsäuren) zu einem Gesamtwert von A (grün) bis E (rot).

Kritikpunkte: was Verbraucherinnen beachten sollten

a) Bevorzugung stark verarbeiteter Produkte

Ein häufig genannter Kritikpunkt ist, dass der Nutri-Score teilweise stark verarbeitete Produkte besser bewertet, als man erwarten würde. Grund: Die Berechnung belohnt Ballaststoffe, Proteine und zugesetztes Obst oder Gemüse.
Beispiel: Eine industrielle Frühstücksflocken-Mischung mit Zuckerersatzstoffen und zugesetzten Vitaminen kann ein „B“ bekommen, während ein einfaches Naturprodukt ohne Zusatzstoffe möglicherweise „C“ oder „D“ erhält. Das kann für Verbraucherinnen irreführend sein, die das Label als „gesund“ deuten.

b) Betrachtung einzelner Produkte, nicht der gesamten Ernährung

Der Nutri-Score bewertet immer einzelne Produkte und nicht die gesamte Ernährung oder Mahlzeiten.
Beispiel: Eine Tiefkühlpizza mit „B“ heißt nicht automatisch, dass deine Ernährung ausgewogen ist. Ebenso kann ein rotes Produkt in kleinen Mengen Teil einer gesunden Ernährung sein. Wer den Nutri-Score isoliert betrachtet, kann also ein falsches Bild bekommen.

c) Keine Berücksichtigung von Zusatzstoffen und Verarbeitungsgrad

E-Nummern, Konservierungsstoffe oder der Grad der industriellen Verarbeitung fließen nicht in die Bewertung ein. Ein Produkt kann also einen guten Score haben, obwohl es stark verarbeitet ist oder Zusatzstoffe enthält, die manche Verbraucherinnen vermeiden möchten.

d) Vergleich nur innerhalb von Produktgruppen sinnvoll

Der Nutri-Score ist ein Vergleichsmaßstab innerhalb von Produktkategorien. Er ist kein absolutes Maß für Gesundheit.
Beispiel: Zwischen zwei Müslis kann „A“ besser sein als „C“. Einen Vergleich zwischen Müsli und Tiefkühlpizza macht der Score jedoch nicht. Für die Praxis heißt das: Nutri-Score ist nur ein Orientierungshilfe, kein „Gesundheitsstempel“.

e) Unterschiedliche Bewertungen bei ähnlichen Produkten

Auch Produkte, die sich nur minimal unterscheiden, können unterschiedliche Scores bekommen. Etwa aufgrund kleiner Änderungen im Zucker- oder Salzgehalt. Das zeigt: Die Bewertung kann empfindlich auf Details reagieren und suggeriert manchmal größere Unterschiede, als sie ernährungsphysiologisch tatsächlich sind.

Also: Orientierung ja, aber kein Gesundheitsstempel

Der Nutri-Score ist ein hilfreiches Werkzeug, wenn du Produkte schnell vergleichen möchtest. Er ersetzt jedoch nicht den Blick auf Zutaten, Portionsgrößen oder die eigene Ernährungsweise.
Merke: Orientierungshilfe ja, Gesundheitsstempel nein.

Wenn du dir unsicher bist, wie du den Nutri-Score sinnvoll in deinen Alltag einbeziehen kannst oder welche Produkte wirklich zu deiner Ernährungsweise passen, melde dich gern bei mir. Gemeinsam schauen wir, wie du dich bewusst und ausgewogen ernähren kannst und das frei von Stress und Verzicht.